Spielerisch das Leben lernen

In der letzten Zeit kommt es immer wieder vor, dass Zeitungsartikel, Internetinformationen und sogar Hundeschulen propagieren, dass Welpenspielgruppen, in denen hauptsächlich gespielt wird, absolut schädlich für die Entwicklung von Welpen seien.

Mir war zu dem Zeitpunkt noch nicht bewusst wie ernst Menschen solche Texte nehmen und wie viele fachkraftlose Hundeschulen es wirklich gibt. Den geschützten Begriff des Hundetrainers gibt es ja nunmal nicht. Und nicht jede Hundeschule hat sich genug mit Hundeverhalten, das über „sitz“, „platz“ und „fuss“ , hinausgeht auseinandergesetzt

Aber dann:
Es kamen Hundehalter mit erwachsenen Hunden zu mir, die verzweifelten, weil sie ihre Hunde im Beisein anderer Hunde kaum halten konnten.
Es kamen Hunde die durchdrehten, wenn am Horizont nur ein anderer Hund zu erahnen war.
Es kamen Junghunde, die kaum mit anderen Hunden kommunizieren konnten.

Das, was da passiert ist sehr ernst zu nehmen.
In den letzten Wochen habe ich mir viele Gedanken gemacht über das, was da passiert.

Beginnen möchte ich mit den Welpenspielgruppengegnern:

Da steht unter anderem, dass sich Wolfswelpen auch nicht rudelextern verabreden um miteinander zu spielen.
Nein, so etwas machen Wölfe nicht.
Wer schon mal einen meiner Vorträge gehört hat, weiß, dass auch ich gern den Urvater Wolf als Beispiel nehme, aber niemals darf man vergessen, dass wir keine Wölfe haben, sondern Hunde verschiedener Rassen.
Und vor allem haben wir ein stark domestiziertes Tier, von dem wir erwarten, dass es unser Leben teilt.
Unser Leben teilen heißt, dass wir mit unseren Hunden Freunde besuchen, die evtl. auch Hunde haben.
Unser Leben teilen heißt u.U. Hundesport zu betreiben, bei dem wir ständig andere Hunde treffen. Unser Leben teilen heißt auch einfach nur spazieren zu gehen und dabei Menschen mit Hunden zu treffen oder einfach nur an ihnen vorbei zu gehen.
Unser Leben teilen heißt auch mal in eine Restaurant, Café oder Biergarten zu gehen, in dem andere Hundehalter auch ihre Freizeit mit ihrem vierbeinigen Freund verbringen. Hundestrand, Hundewiese, Hundeplatz, Tierarzt…..
Unser Leben bringt unzählige Situationen mit sich, in denen Hunde andere Hunde ertragen (?) ,dulden(?), aber zumindest akzeptieren müssen.
Deutlich zu erkennen, dass hier das Beispiel des Wolfes absolut unangebracht ist.

Obwohl Wölfe, wenn auch nicht rudelextern, aber zumindest rudelintern ihre Geschwister bis ins Erwachsenenalter haben um im Spiel Kommunikation zu erlernen und sich spielerisch aufs Leben vorzubereiten.
Selbst erwachsene Wölfe spielen, sofern die Situation das erlaubt, viel und gerne.

Es gibt einen Punkt, in dem ich diesen Gegnern Recht geben muss:
Wird eine Welpenspielgruppe nicht fachkundig geführt, kann es tatsächlich passieren, dass Welpen „gemoppt“ werden, dass junge Hunde ängstlich werden oder, dass unerfahrenen Hundehaltern nicht vernünftig erklärt wird, was ihr Welpe da tut und warum das in Ordnung, oder auch mal nicht in Ordnung ist.
Eine gut geführte Welpenspielgruppe zeigt ängstlichen Welpen, dass ihr sicherster Platz bei ihrem Besitzer ist, zeigt kleinen Draufgängern, dass auch auf ängstlichen Welpen nicht rumgesprungen wird, erklärt ängstlichen Hundehaltern anhand der Körpersprache ihrer und anderer Welpen wie sie Situationen zu betrachten haben und geht auf alle Fragen ein.

Welpen gehören in einer Hundeschule immer in die Hände eines Fachmannes. Niemals darf der junge Ausbilderanwärter oder jemand, „der mal eben da ist“ alleine eine Welpengruppe führen.
Die Moderation eines Welpenspiels ist manchmal anstrengend und sehr aufwändig.
Aber dort lernen ganz junge Hunde, dass verschiedene Temperamente, Arten zu spielen, Gesichter und Größen einfach zum Leben dazugehören.
So haben z.B. Hunde, die im Welpenalter kurznasige Hunde wie Bulldoggen oder Boxer kennenlernten auch später kein Problem mit der hundeuntypischen Gesichtsform.
Sie lernen (wie Menschen) im Spiel den Umgang mit Konflikten sie lernen Kommunikation und soziales, umgängliches Verhalten.

Desweiteren wird auch oft propagiert, dass Kontakt zu anderen erwachsenen Hunden schädlich sei.
Auch darauf möchte ich kurz eingehen:

Bei absolut jedem Tier, dessen Urform in freier Natur in Gruppen, Schwärmen oder Herden lebt, hält der Mensch, wenn er es artgerecht halten möchte, immer mindestens zwei seiner Art.
Pferde leben tierschutzgerechter in Gruppen, Kaninchen und Meerschweinchen hält man nicht alleine, Wellensittiche immer zu mehreren.
So könnte man die Liste durch viele Haustierarten ziehen.
Warum behaupten manche Menschen, dass Hunden, die dem Rudeltier Wolf entstammen, der Mensch alleine genügt?
Nicht jeder kann und möchte 2 Hunde halten, aber wenigsten die Fairness zu besitzen seinem Hund regelmäßigen Kontakt zu Artgenossen zu gewähren, wäre gut und richtig.

Nur, wer sich dahingehend gut genug informiert und über Verhaltensmuster und Kommunikation unserer Hunde Bescheid weiß, empfindet auch nicht jedes Knurren als aggressiv und jedes Zähne fletschen als Angriff.
Nicht jede „Prollerei“ zwischen zwei Rüden ist ein Ernstkampf und nicht jede zickende Hündin ist eine Killerin.
Manchmal reden wir einfach nur von innerartlicher Kommunikation, die Hunde dann am besten und ruhigsten lösen können, wenn sie das vom Welpenalter an lernen durften.

Erwiesenermaßen haben Hunde, die als Welpen die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit anderen Welpen haben, im weiteren Leben weniger Konflikte und haben gelernt Kommunikationen ruhiger zu führen, weil auch ihre eigene Verletzungsgefahr dabei minimiert wird.

Mein Schlußsatz hierzu:
Lasst auch eure Hunde spielerisch das Leben lernen.